Über Impuls- und Konzeptschreiber

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Jeder Autor hat seine ganz eigene Philosphie, wie er einen Roman beginnt. Die einen schreiben aus dem Bauch hinaus direkt los, die anderen machen sich erst einen Fahrplan, lernen die Welt und ihre Charaktere erst kennen bevor sie sich in die Geschichte stürzen. Man nennt sie Impuls- und Konzeptschreiber, oder auch Gärtner und Architekt.


Bei mir hat es sich in den Jahren, die ich nun schon schreibe ziemlich gewandelt, und bei jedem Romanprojekt und bei jeder Kurzgeschichte ( obwohl die nochmal ein ganz anderes Thema sind) gehe ich anders heran. Anfangs war ich ein ziemlicher Bauchschreiber. Ich habe mich hingesetzt und losgelegt... leider habe ich mich damit immer sehr schnell in die Ecke manövriert. Mir ist bisher erst ein einziger Mensch über den Weg gelaufen, der es geschafft hat plot und planlos ein größeres Projekt bzw. einen Roman auch zu Ende zu bringen und danach waren einige Logiklöcher zu schließen. Es ist nun einmal so: wenn man plot- und planlos durch die Geschichte wandert, stößt man früher oder später auf Logikprobleme und Stolpersteine, die man durch ordentliches Plotten hätte verhindern können. Das ist die Tücke am Impulsschreiben: man startet hochmotiviert mit tollen Ideen und hat das Gefühl man könnte alles schaffen... und dann landet man in einer Blockade. Das Schwierige, an dem die meisten wenn nicht alle scheitern ist es, an so einem Punkt dennoch weiterzumachen. Hat man einen Plan, an dem man sich weiterhangeln kann, weiß man, was auf einen zu kommt und kann das beste aus der Situation machen ( meine Methode Nummer 1 bei Schreibblockaden ist eh Disziplin, anderenfalls könnte ich nicht so schreiben, wie ich es tue. und ich habe die Erfahrung gemacht, dass es dem Leser kaum auffällt ob du dir an einer Stelle nen Ast abgebrochen hast oder es dir unheimlich leicht fiel. Ich hatte schon Stellen in meinen Romanen, bei denen ich mir wirklich ein Bein ausgerissen habe um die zu schreiben und mir im Nachhinein gedacht habe: okay was hast du denn da für einen Mist verbockt? Und die Stellen waren es die meinen Betalesern am besten gefallen haben. Genau andersherum hatte ich Szenen auf die ich unheimlich stolz war, die meinen Lesern kaum aufgefallen sind)

Wie gesagt, ich habe als Impulsschreiber angefangen und bald gemerkt... ne das geht so nicht. Ziemlich zeitgleich habe ich aber eine recht gute Freundin kennengelernt, die selbst Autorin und recht erfolgreich ist und die mich ein wenig an die Hand genommen hat. Sie hat mir viele Tipps gegeben und ich habe mich erstmal völlig auf Techniken und das Schreiben an sich konzentriert. Dabei bin ich dann auch auf Seiten wie Schriftsteller werden und die Schreibwerkstatt gestoßen oder auf die E-Zine WritersWorkshop ( wer es nicht kennt: Googlen! Sehr sehr zu empfehlen!) Ich habe angefangen meinen Roman von vorne bis Ende durchzuplanen, was mir auch wirklich gut geholfen hat. Da der Roman den ich zu dem Zeitpunkt geschrieben habe High Fantasy war kannte ich meine Welt und meine Charaktere bald im Schlaf. Bald haben sich meine Charaktere jedoch selbstständig gemacht. Sie reagierten an bestimmten Szenen anders als geplant und legten mir andere Dialoge in den Mund, als ich im voraus festgelegt hatte. Was nicht schlecht ist. Nein, eigentlich ist das das beste, was einem Autor passieren kann, denn dann sind seine Charaktere und ist seine Welt wirklich lebendig. Meine Charaktere zeigten mir noch mehr Hintergründe und Verflechtungen, ich lernte mehr über die Vergangenheit. Wichtig ist es dann nicht unflexibel zu sein, sondern sich auf die Veränderungen, auch wenn sie vom eigentlichen Plan abweichen, einzulassen. Denn die Ideen die ich während dem Schreiben hatte, waren wirklich fast die besten, auch wenn sie ohne meine Vorarbeit niemals zu dem geworden wären, was sie dann waren.

Eine gute Vorarbeit ist unglaublich wichtig, das sehe ich auch in meinem aktuellen Romanprojekt immer wieder. Dieses Mal war es Urban Fantasy und ich dachte mir: "Ist ja keine High Fantasy" ergo nicht so viel Recherchearbeit ( nennen wir es mal so). Falsch gedacht. Es ist nicht so, dass ich im Vorfeld nicht viele Überlegungen eingestellt habe, aber ich habe den Plot nicht ganz geplant und irgendwann hatten meine Finger so sehr gejuckt dass ich einfach angefangen habe zu schreiben. Das ging auch eine ganze Zeit lang gut, aber früher oder später läuft man in eine Falle und man hängt fest. Bei mir war es der Fall als mir klar wurde, dass ich eigentlich keinerlei Ahnung hatte wohin meine Geschichte läuft. Also nochmal zurück, aus der Geschichte heraus und geplottet. Das letzte drittel der Geschichte bin ich also immer hingegangen hab den Rest der Geschichte geplottet, wobei ich je weiter die Szenen entfernt waren immer ungenauer wurde. Je weiter ich in der Geschichte voranschritt, desto klarer wurden auch die Szenen und wenn ich nicht mehr weitergekommen bin, habe ich gestoppt und eine Mindmap der nächsten Szene angefertigt.

Da ich an diesem Roman für meine Verhältnisse schon verdammt lange sitze ( ca. 9 Monate bisher), hat mich irgendwann erwartungsgemäß eine neue Idee angesprungen. Erst habe ich mich geweigert auch nur daran zu denken, aber sie war so hartnäckig dass ich irgendwann angefangen habe, während des Schreibens an der Urban Fantasy geschichte Ideen für dieses Projekt zu sammeln. Aus dem Ideensammeln wurden Charaktere und aus den Charakteren das Plotten. Mittlerweile ist die Geschichte vom Anfang bis zum Ende fast vollständig durchgeplottet und sobald mein aktuelles Projekt fertig ist ( habe noch sechs Szenen vor mir) werde ich damit richtig anfangen. Ich freu mich schon sehr auf die Geschichte, da mir die Welt und die Charaktere schon sehr vertraut sind.

Man muss für sich selbst entscheiden, was am besten hilft. Ich halte nichts vom Impulsschreiben und bin der Meinung, dass es keine Ergebnisse bringt, wenn man nicht fünf Jahre an einer Geschichte arbeiten und danach noch diverse Logiglöcher stopfen will. Ich habe es oft genug selbst ausprobiert und verfalle auch immer wieder in ähnliche Verhaltensmuster, aber mich hat das nie weitergebracht. Völlig plan und plotlos kommt man nicht zu einem fertigen Roman. Ich streite gar nicht ab, dass man plotlos schreiben kann, und für einige Zeit wird das sicherlich funktionieren. Aber einen Roman ( der auch vom Umfang her wirklich Roman genannt werden kann) dann auch tatsächlich zu beenden ist schwer und erfordert Disziplin. Wie gesagt, mir ist bisher nur ein Roman über den Weg gelaufen, der plotlos zum Ziel kam ( aber auch mit einigen Logiklöchern), aber wiederrum viele begonnene und abgebrochene Werke, weil Blockaden die Schreiberlinge zum Stolpern gebracht haben. Ich selbst mache es oft phasenweise. Ich habe einzelne Szenen in denen ich mich einfach leiten lasse, in denen ich nicht weiß was hinter der nächsten Ecke auf mich zukommt. Bei manchen Szenen funktioniert das, bei anderen jedoch muss ich anhalten und mir nen Plan machen. Alles in allem habe ich aber immer einen durchdachten Plot, vielschichtige und gut erarbeitete Charaktere und eine komplexe Welt, die ohne Plotten und überlegen im Vorfeld gar nicht möglich gewesen wären.

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